expertentalk - rechtsstreitigkeiten im gründerteam
mit Dr. Ruben Hofmann von Heuking Kühn Lüer Wojtek
Bei einer Unternehmensgründung rücken viele rechtliche Themen für das Gründerteam meistens vorerst in den Hintergrund. Allerdings ist es wichtig, dass man sich von Anfang an Gedanken um den rechtlichen Aufbau des Startups macht, denn viele Themen können später relevant werden oder zu Streitigkeiten im Gründerteam führen.
Wie einigt man sich? Gibt es einen Chef oder möchte man alles einvernehmlich entscheiden? Wie geht man mit 50/50 Konstellationen um und wer bringt was in das Unternehmen ein? Wie steht es um geistiges Eigentum und wem stehen diese Rechte zu? Sind solche Fragen nicht geklärt, führt dies schnell zu Frust. Zudem fällt alles, was nicht im Vorhinein geregelt wird auf das Gesetz zurück – und das birgt manchmal überraschende Regeln, mit denen keiner der Gründer gerechnet hat.
Dr. Ruben A. Hofmann, Partner für IP-Recht bei Heuking Kühn Lüer Wojtek und xdeck-Experte, beantwortet in unserem Experten-Talk konkrete Fragestellungen für Startups.
Dr. Ruben A. Hofmann: Im ersten Schritt kommt dies vor allem auf die Art des Vertrags an. Bei der Absprache zur Aufstellung des Unternehmens zwischen den Gründern, im Rahmen des Gesellschaftervertrags, sollte man insbesondere Folgendes festlegen: Wer trifft welche Entscheidungen? Wie werden die Anteile aufgeteilt? Und wie geht man mit dem Austritt von einem der Gründer um?
Vor allem in Bezug auf die letzte Frage ist ein klassischer Streitpunkt die Auszahlung des jeweils ausscheidenden Gründers. Hat ein Startup direkt zu Beginn und in kurzer Zeit einen hohen Unternehmenswert geschaffen, kann es zu der Problematik einer zu geringen Liquidität führen, sodass der austretende Mitgründer nicht ausgezahlt werden kann.
In puncto geistiges Eigentum gibt es keine einfache Gesamtlösung für diesen Bereich; es sollte frühzeitig entschieden werden, welche Rechte benötigt werden und wem diese zustehen sollen. Dies ist vor allem für die Erträge aus den jeweiligen Rechten relevant, die beispielsweise aus Lizenzen generiert werden.
Dr. Ruben A. Hofmann: Es gibt mehrere Arten von Versicherungen, die für ein Unternehmen relevant sein können. Im rechtlichen Bereich würde ich zwei in den Vordergrund stellen: eine Rechtsschutz-Versicherung sowie eine D&O-Versicherung.
Die Rechtsschutz-Versicherung übernimmt im Falle einer Rechtsstreitigkeit die Kosten für den Anwalt sowie die Gerichtskosten. Dies gilt sowohl für den Fall, dass das Gründerteam jemanden verklagt, als auch in umgekehrter Richtung.
Wichtig: Beim Abschluss einer Rechtsschutz-Versicherung sollte genau geprüft werden, was in den Vertragsbedingungen inbegriffen ist. Oftmals ist beispielsweise der Schutz von geistigem Eigentum ausgeklammert. Sollte dies jedoch im Falle des Startups von hoher Bedeutung sein, wäre solch eine Versicherung sicherlich kein guter Deal, da sie den entscheidenden Bereich nicht abdeckt.
Die D&O-Versicherung (Directors & Officers) betrifft die Gründer direkt und ist zu beschreiben als Berufshaftpflicht für die Organe des Unternehmens. Besteht diese Versicherung nicht, kann es bei einem Insolvenzverfahren gegen das Unternehmen dazu kommen, dass gegen den Geschäftsführer persönlich Ansprüche geltend gemacht werden. Für diesen Fall sichert die D&O-Versicherung die Gründer ab. Sicherlich muss sich um diese Versicherung nicht an Tag 1 direkt gekümmert werden, aber sobald das Unternehmen eine gewisse Größe erreicht hat, sollte man daran auf jeden Fall denken.
Dr. Ruben A. Hofmann: Sobald sich einzelne Gründer nach einem eigenen Anwalt umschauen, ist es meistens schon zu spät. Ich empfehle daher, sich sehr früh an einen Anwalt im Rahmen der Gestaltung der Zusammenarbeit zu wenden, damit man ihn danach nicht mehr braucht. Denn wenn man sich am Anfang einmal über alle relevanten rechtlichen Themen Gedanken macht und sie im Gründerteam bespricht und regelt, hat man Klarheit für die Zukunft. Dabei kann ein Anwalt vor allem in der Anfangsphase unterstützen.
Dr. Ruben A. Hofmann: Eins der vielen Schlupflöcher ist die vom Gesetz vorgegebene Form. Ein typisches Beispiel ist, dass man Verträge schließt, die die Übertragung von GmbH-Anteilen betreffen. Nach deutschem GmbH-Recht braucht man die notarielle Form, um über Anteile zu verfügen – dies gilt auch bei einem Vertrag über jegliche Abtretung von Anteilen. Das wird häufig nicht gesehen. In diesem Falle wäre der Vertrag beispielsweise nichtig, sofern er nicht der notariellen Form entspricht.
Daneben gibt es viele Themen, die man als Nicht-Jurist häufig nicht kennt. Im Urheberrecht gibt es zum Beispiel die sogenannte Zweck-Übertragungslehre, die den Urheber sehr stark schützt. Wenn ein Urheber ein Werk geschaffen hat und dieses an das Unternehmen lizensiert, werden ohne präzisen Vertrag nur die Rechte übertragen, die zwingend erforderlich sind, sodass möglichst viele Rechte beim Urheber selbst bleiben.
Genau deshalb macht es im Gründerteam Sinn, sich von Beginn an zu einigen und dies vertraglich festzulegen, sodass sich eben solche Schlupflöcher nicht auftun und Rechtsstreitigkeiten verhindert werden.
Dr. Ruben A. Hofmann: Wir würden empfehlen, dass alle IP-Rechte in dem jeweiligen Unternehmen gebündelt werden. Das ist das übliche Konzept, aber nicht zwingend. Man kann die IP-Rechte auch in der natürlichen Person bewahren, die wiederum einen Lizenzvertrag mit dem Unternehmen vereinbart. Der Gründer selbst ist besser aufgestellt, wenn er die Rechte bei sich behält, der Investor investiert jedoch in das Unternehmen. Dessen Interesse liegt darin, dass alles im Unternehmen gebündelt ist, um sich abzusichern. Mit Blick auf die Zusammenarbeit mit einem Investor, werden Startups dementsprechend alle Rechte in ihrem Unternehmen halten wollen. Eine nachträgliche Übertragung dieser Rechte von einer natürlichen Person auf das Unternehmen ist ebenso unproblematisch wie das Aufsetzen eines langfristigen Lizenzvertrages.
Dr. Ruben A. Hofmann: Hier müssen wir das geistige Eigentum selbst nochmal beleuchten: Geistiges Eigentum ist der Oberbegriff für alle sogenannten immateriellen Schutzgüterrechte – sprich alles, was ich kaufen, aber nicht anfassen kann. Eine Marke oder ein Patent zum Beispiel entsteht dadurch, dass ich sie im Register anmelde. Ein Design-Recht schützt die ästhetische Form eines Produkts und wird ebenfalls in einem Register eingetragen. Urheberrechte schützen die persönlich geistige Schöpfung und entstehen aufgrund der jeweiligen Schöpfung, ohne dass es hierfür ein Register gibt. Auch Software unterfällt dem Urheberrecht. Die Struktur wird folglich von der Entstehung vorgegeben und – wenn möglich - durch eine offizielle Anmeldung abgesichert.
Dr. Ruben A. Hofmann: Im Zweifel wird es teuer. Häufig sind die rechtlichen Verhältnisse in Startups nicht sonderlich klar, was für den Anwalt Aufwand bedeutet. Dazu kommen Kosten für den Anwalt sowie Gerichtskosten, sofern die Rechte vor Gericht durchgesetzt werden müssen. Das heißt, da kommen schnell viele Tausende Euro zusammen. Deshalb lohnt es sich umso mehr, am Anfang rechtliche Aspekte gut zu regeln, damit man sich die Kosten später spart.
Eine Rechtsschutz-Versicherung mag zwar helfen, jedoch muss man im konkreten Streitfall prüfen, ob dies von den Vertragsbedingungen abgedeckt ist. Ansonsten kann es wirklich teuer werden. Vor allem Startups können hier aber sicherlich mit ihrem Anwalt sprechen, einen guten Stundensatz aushandeln oder sich auf eine günstige Vergütungsvereinbarung einigen. Obwohl die Kosten in Deutschland im Vergleich zu England oder den USA noch human sind, ist Streiten am Ende des Tages einfach teuer!